Das Reich der Steine, unüberschaubar, geheimnisumwittert und mit der ewigen Magie der Schönheit und Mystik umgeben. Unverändert begleiteten und begleiten die Steine den Menschen und formen seine Geschichte.
Der Ursprung von Schmucksteinen waren wahrscheinlich auffällig gefärbte Kiesel aus Flussbetten und von Stränden, die das Auge und die Fantasie der Menschen gereizt hatten. Lange Zeit war es auch das Material der Werkzeuge selbst, aus dem Schmuckstücke gefertigt wurden: harte, unter Mühe und Anstrengung bearbeitete Steine; aus Feuer geborenes Bronze; schweres, vom Feuer geformtes Eisen. Und es gibt Funde von fernen Tagen, die Unglaubliches berichten.
Es gibt Ketten aus Tierzähnen, Armreifen aus dem Elfenbein der Mammuts, Stoßzähne, die über 35 000 Jahre alt sind. 8000 Jahre vor unserer Zeit fertigten unbekannte Künstler Schmuck aus Obsidian, einem harten, vulkanischen Glas an. Dabei bohrten sie sehr feine und präzise Löcher in den glänzend schwarzen Stein. Andere, frühe Schmuckgestalter prägten Gesichter und Ornamente in gediegenes Gold. In einem Flussbett im heutigen Bulgarien wurden solche Stücke in großer Zahl gefunden. Schon damals verstand man es Gold und andere Werkstoffe perfekt miteinander zu verbinden und die Goldschmiede vergangener Tage standen ihren heutigen Nachfolgern um nichts nach.
Das Schmücken mit wertvollen Steinen ist früher ein von Magie bestimmtes Brauchtum gewesen, um böse Geister von der Besitznahme der Seele abzuhalten. Mit der Zeit wurden Edelsteine als Symbole geistiger und weltlicher Macht verwendet, um Wohlstand und Status zur Schau zu stellen und um den Träger vor zahlreichen Unglücken, die ihm in der unsicheren Welt begegnen können, zu bewahren. Mit der Entwicklung der Zivilisation entstanden aufgrund organisierten Bergbaus und Handels zuverlässige Versorgungsquellen, wodurch eine immer größer werdende Auswahl an edlen Steinen erhältlich wurde.
Die ersten Edelsteine: Türkis, Lapislazuli und Amethyst
In China war die Bearbeitung von Jade bereits vor 4.500 Jahren bekannt und zur gleichen Zeit gestalteten sumerische und ägyptische Künstler feingliedrige, mit Lapislazuli, Karneol, Türkis, Amethyst und Granat besetzte Schmuckstücke. Nach Türkis gruben die Ägypter auf der Halbinsel Sinai und nach Amethyst bei Assuan, Lapislazuli wurde aus Badakhsahn in Afghanistan importiert, dem einzigen Vorkommen in alter Zeit.
Für die Römer stellte der Achat einen besonderen Reiz dar. Römische Graveure verstanden es, die verschiedenfarbigen Schichten meisterhaft auszunutzen und fertigten daraus Kameen von unübertroffener Schönheit an. Die Römer förderten in Deutschland nahe Idar-Oberstein beachtliche Mengen an Achat.
Die für ihren großen Artenreichtum bekannten Edelsteinseifen von Indien, Sri Lanka und Burma liefern seit vielen Jahrhunderten die prächtigsten Diamanten, Saphire, Rubine und Spinelle. Den Wert von besonderen Diamanten legte man mit den Geldausgaben eines Tages der gesamten Welt fest. Vorzügliche Edelsteine stammen aus Vorkommen in Amerika, Afrika, Australien und Sibirien, stattliche kolumbianische Smaragde übertrafen diejenigen, die zuvor im Habachtal in Österreich und in Ägypten geschürft wurden. Besonders reiche Edelsteinlagerstätten von Topas, Turmalin, Chrysoberyll und Achat wurden bei der Erforschung von Brasilien bekannt.
Auch in der Bibel werden Edelsteine erwähnt. Sie werden vor allem in zwei Zusammenhängen genannt, in denen die Herrlichkeit des Gottes Israels anschaulich gemacht werden soll. So schmücken insgesamt zwölf Edelsteine mit den Namen der zwölf Stämme Israels den Brustschild des Hohenpriesters, des höchsten religiösen Führers des Judentums. Und im Neuen Testament wird das visionäre himmlische Jerusalem als mit Edelsteinen und Gold geschmückte Stadt geschildert.
Eine blutige Spur durch die Geschichte
Zu allen Zeiten haben Edelsteine die Menschen fasziniert. Sie waren Insignien von Macht und Würde, sprühten ihr Feuer von Kronen und Zeptern der Herschergeschlechter. Ihretwegen wurden Kriege geführt und Reiche zerstört, eine rote Blutsspur ist ihr ständiger Begleiter durch die Gezeiten der Geschichte. Besonders auf Frauen haben Edelsteine immer schon eine magische Anziehungskraft ausgeübt. Im alten Rom versöhnten römische Statthalter ihre vernachlässigten Ehefrauen mit Edelsteinen. Für die Frauen der damaligen Zeit war dies überdies eine ausgezeichnete Altersvorsorge. Zu allen Zeiten konnte der Glanz eines Diamanten, der dunkelgrüne Zauber eines Smaragdes oder das leuchtende Rot des Rubins ihre Sinne verwirren und ihren Widerstand brechen. Diamanten belegen die Bestechlichkeit einer weiblichen Seele, die Verführbarkeit durch die Schönheit, jener besonderen Waffe, der selbst Königinnen erlegen sind.
Die Schönheit vieler Edelsteine liegt in ihrem Spiel mit dem Licht begründet. So verursacht das Licht die ausgeprägten Farben von Rubin und Saphir, das blitzende Feuer des Diamanten, die Regenbogenfarben im Opal, das zarte Leuchten von Jade, auch das sanfte Glühen des Mondsteines resultiert von einem Licht, das im Inneren dieses Edelsteines gestreut und reflektiert wird. Der Reiz des eher zart gefärbten Achats und Jaspis liegt in der großen Vielzahl von Zeichnungen und inneren Strukturgebilden, die sich während des Wachstums dieser Minerale entwickelt haben. Die dabei entstandenen Streifenmuster ähneln im Zusammenwirken mit verschiedenen Mineraleinschüssen oft exotischen Landschaften und wie im Traum gesehenen Gärten.
Edelsteine sind von einer großen Seltenheit und Exklusivität. Nur ein geringer Bruchteil des Quarzes besitzt die herrliche Farbe und makellose Transparenz von erstklassigem Amethyst. Diamant bildet einen verschwindend geringen Anteil des Muttergesteins Kimberlit, – etwa 5 Gramm in 100 Tonnen. Die meisten Edelsteine werden durch einen sehr geringen Anteil von Metallen gefärbt, wobei Chrom, Eisen, Mangan, Titan und Kupfer besonders wichtig sind. Chrom verleiht Rubin sein intensives Rot und Smaragd das strahlende Grün, dagegen bewirkt Eisen eher feine Tönungen von Rot, Blau, Grün und Gelb im Spinell, Saphir, Peridot und Chrysoberyll. Die Farbgebung der blauen Saphire wird durch Titan und Eisen hervorgerufen, Kupfer bildet die blauen und grünen Farben von Türkis und Malachit, Mangan das Rosa des Rhodonits und das Orange des Spessartin – Granats.
Der Schliff macht den „Edelstein“
Im Rohzustand zeigen die meisten Edelsteine kaum Schönheit. Erst durch geschicktes Schleifen und Polieren offenbaren sich Farbe und Glanz. Ein Höhepunkt der Steinbearbeitung ist zweifellos der Facettenschliff, der seit dem 15. Jahrhundert bekannt ist. Amsterdam und Antwerpen entwickelten sich zu wichtigen Zentren des Diamantschliffs. Gegenwärtig werden in der ganzen Welt Steine kunstvoll geschliffen oder mit Hilfe von rotierenden Trommeln abgerundete Steine, – Trommelsteine oder Barocksteine genannt, gewonnen.
Juweliere verarbeiten Edelsteine zu filigranem Schmuck, Graveure schneiden aus Achatscheiben kunstvolle Reliefs; aus Bergkristall, Jaspis und Heliotrop werden Prunkgefäße, Vasen oder Schalen hergestellt. In der Zeit der Renaissance und des Barocks wurden Kleidung, Waffen, Tafelservice, aber auch Möbel mit edlen Steinen dekoriert, selbst Uhren und Spiegel wurden mit Edelsteinen besetzt. Nach 1800 prägte unter der Vielzahl außergewöhnlicher Kunstschöpfer der Name Carl Faberge´ (1846 – 1920) die Edelsteinverarbeitung. Seine einmaligen Schöpfungen stellten die Edelsteine in ein künstlerisches Zentrum und sie wurden Ausdruck persönlicher Kreation und individuellen künstlerischen Schaffens.
Auch René Jules Lalique (*6. April 1860 in Ay in der Champagne, † 5. Mai 1945 in Paris), Unternehmer, Firmengründer und einer der bekanntesten Schmuck- und Glaskünstler des Art Déco, verzaubert mit seinen begnadeten Kreationen bis heute die Menschen.
Von den Anfängen eines bunten Kieselsteines bis zu künstlerisch herausragenden Juweliers- und Handwerkarbeiten liegen viele Jahrhunderte, in welcher der Mensch sich der Faszination und Schönheit der Edelsteine niemals entziehen konnte. Das Mysterium der Edelsteine in all seinen Facetten wird auf ewig mit der Geschichte des Menschen verbunden sein.